Sind wir nicht alle ein bisschen Recruiting? - Ein Gastbeitrag von Volker Frey
Immer mehr Unternehmen stoßen mit ihrer klassischen Recruiting Denkweise an Grenzen.
Wenn wir einen Blick auf HR Organisationen werfen, wird deutlich, dass einige Unternehmen noch im nach innen gerichteten „HR Administration“ Modell arbeiten. Wie kommen wir im Recruiting Bereich zu einem einfachen, offenen und nach außen orientierten Experten Modell in dem wir mehr auf Netzwerk, Fachexpertise und menschliche Kontakte setzen und weniger auf wochenlange Abstimmungsprozesse, Bewerberformulare und Silodenke?
Die meisten (Konzern) Personalabteilungen folgen dem HR Guru Dave Ulrich. Die klassische drei Säulen Aufteilung ist auf einem PowerPoint logisch aber vor allem das CoE Recruiting benötigt in der digitalen Welt ein Update. Bewerber könnten heute bereits via XING Plug-In eine Kurzbewerbung aus einem Straßenkaffee in New York abschicken, wenn sich Theorie und Praxis gerne hätten.
Aus meiner Sicht müssen wir Recruiting weiter simplifizieren und professionalisieren, d.h. die sogenannten „Centers of Expertise“ konsequenter leben und je nach Unternehmensgröße mit dezentralen Sourcing Experten und erfahrenen Recruiting-Netzwerkern in den Fachbereichen verankern. Diese Damen und Herren dürfen in Zukunft auch direkt aus dem Business kommen.
Deren Auftrag muss es sein, alle Manager zu „Recruitern“ zu machen und ihnen einen effektiven und zielgruppenspezifischen Werkzeugkoffer zur Verfügung zu stellen. Der moderne Recruiter als Business Enabler, Coach, Markt- und Prozessexperte.
Der Mitarbeiterbedarf und der Wunsch, ein Team zu formen entsteht immer im Fachbereich. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Verantwortlichkeiten zu klären und unnötige interne Schnittstellen zu eliminieren. Auf die richtige Balance und die Denkweise kommt es an. Wenn Unternehmen tatsächlich einen Marktdruck empfinden, dann müssen sie im Recruiting zunächst einmal nur schneller werden und sich weniger von dem „HR-Tech-Disruption“ Feuerwerk blenden lassen.
Wieso spielen einiger HRler immer noch „Recruiting-Polizei“ für die Fachbereiche? Und warum unterscheiden wir eigentlich noch zwischen „Die im Business“ und „Die im Personal“? Vor allem, wenn man bedenkt, dass Recruiting neben Mitarbeiterbindung in den meisten Unternehmen die zentrale Rolle spielen wird, insbesondere im High-Tech und IT-Umfeld, völlig egal, in welcher internen Box sie sich zukünftig wieder finden.
Volker ist seit 14 Jahren im HR Marketing und Recruiting unterwegs. Davon acht Jahre bei der SAP Deutschland und die restlichen Tage auf Beraterseite in Berlin und Frankfurt am Main. Seit 2010 ist Volker bei der HRM CONSULTING GmbH am Standort in Heidelberg tätig.
6 Kommentar(e)
Uwe Sunkel am 25.01.2016
Volker Frey trifft den Nagel auf den Kopf. Man könnte es auch in einem einfach Satz zusammenfassen: "Einfach mal mit gesundem Menschenverstand nachdenken, bevor (!) man Recruiting mit technischen Maßstäben, starren Strukturen und überholten Methoden angeht." Und man könnte noch ergänzen, dass auch die meisten neuen Methoden mit gesundem Menschenverstand nicht allzu viel zu tun haben - aber das ist ein anderes Thema für einen anderen Blog ;-)
Bauer am 25.01.2016
Klasse - endlich sagt mal jemand, wie es wirklich in der Praxis funktioniert
Joerg am 27.01.2016
Hallo Herr Frey,
grundsätzlich stimme ich Ihnen zu wenn es darum geht das Recruiting zu verschlanken und zu vereinfachen. Eine von Ihnen gestellte Frage muss ich jedoch abweichend von Ihnen beantworten.
" Wieso spielen einiger HRler immer noch „Recruiting-Polizei“ für die Fachbereiche?" Der einfache Grund aus meiner Sicht hierfür ist, dass HR es leid sind, die Fehler der Fachbereiche im Recruiting auszubügeln. Nach dem Motto "Wieso kann ein nicht EU-Ausländer hier nicht arbeiten?", "Was ist schon Scheinselbstständigkeit?", "Betriebsstättengründung? Habe ich noch nie gehört", "Wieso fliegt mein Mitarbeiter aus der KV nach nur 2 Wochen Zugehörigkeit?". Meine Erfahrung an diese Stelle ist dann leider zu häufig, dass diese Probleme dann von HR und zwar alleine ausgebügelt werden müssen. Mein Beobachtung an dieser Stelle ist, dass solange jeder meint "HR kann jeder" sich dieses Problem nicht lösen last. Erst wenn die Erkenntnis gereift ist, dass ein Recruiting Prozess mehr ist als 15 min zusammen Kaffee zu trinken eine Übertragung in Richtung Fachbereich sinnvoll und erfolgreicher als das aktuelle Modell ist. Insbesondere unter dem Aspekt dass Entscheidungen in diesen finanziellen Größenordnungen auch in anderen Bereichen nicht in 60 min getroffen werden. Wie schnell sind 50 000€ im Recruiting fehlinvestiert. In anderen Bereichen scheitern daran Karrieren im Recruiting wird dieses of einfach hingenommen.
Grundsätzlich unterstütze ich aber ihren Ansatz den Prozess für den Bewerber so einfach wie möglich zu machen.
VG Joerg Hoefig
robindroullah am 27.01.2016
Lieber Uwe,
warum ist das denn ein Thema für einen anderen Blog? Wenn du dazu etwas erzählen möchtest, gern als Gastbeitrag hier auf HRinMind!
Viele Grüße Robindro
Volker am 27.01.2016
Hallo Herr Hoefig,
danke für Ihr Feedback. Die "Recruiting Polizei" bezog sich nur auf das Nachlaufen, wenn es um Kandidaten Feedback aus dem Fachbereich geht - Stichwort: Verantwortung. Die (HR)-Themen, die Sie ansprechen, muss man selbstverständlich berücksichtigen und im Vorfeld klären.
Beste Grüße
Volker Frey
Volker am 27.01.2016
Hallo Herr Sunkel, hallo Herr Bauer,
freut mich...:-)
Beste Grüße
Volker Frey