Der Place-to-be Effekt – wenn eine Tochter zum Trend wird

Wenn ich mich in der Vergangenheit mit Employer Branding beschäftigt habe, so hatte ich im Grunde stets externe Konkurrenten im Blick. Ziel war es, den Konzern auf dem Markt der Arbeitgeber zu platzieren und sich gut gegenüber Mitbewerbern aufzustellen. Alt bekanntes Spiel. Gehe ich mal einen kleinen Schritt zurück und begebe mich auf unseren internen Arbeitsmarkt, so müsste man dort doch ein ähnliches Szenario entdecken. Die Spielregeln sind ein wenig anders – hier fährt man eher einen Nicht-Angriffs-Pakt – nichtsdestotrotz stehen Töchter eines Konzerns untereinander in einer Art Konkurrenzkampf, wenn es um interne Nachwuchskräfte geht. Häufig wechseln Absolventen ihre erste Anstellung nach 2-3 Jahren. Als Konzern haben wir die Aufgabe hier an sich den-/ diejenige zu binden, als Tochtergesellschaft sollte ich mich ggf. darum kümmern, dass sich der Bewerber für meine Gesellschaft entscheidet, sofern er nicht schon bei mir ist. Letzteres würde für die Gesellschaft ebenfalls Bindung bedeuten. Folglich stehen Personaler auch intern vor einer dem externen Markt sehr ähnlichen Situation, aus der man ggf. Strategien oder Ideen ableiten und übersetzen kann.

Nun ist man sich in einem Konzern selbstverständlich wohl gesonnen und spielt fair. Demnach gilt für alle eine Art Waffenstillstand und man hat sich darauf geeinigt, dass letzten Endes der Bewerber entscheidet. Trotzdem zeichnen sich doch immer wieder  Trend Gesellschaften ab. Klassische Trend Gesellschaften bzw. Trend-Abteilungen sind die Geschäftsentwicklung/ Strategie und die interne Managementberatung – ähnlich dem externen Markt. Aber neben den Dauerbrennern gibt es noch weitere Player, die sich allerdings scheinbar auf Position 1 hin und wieder abwechseln. Die Frage, die sich stellt, worin liegt dieser Wechsel unter den Top Plätzen begründet – wonach wird entschieden, welche Gesellschaft derzeit trendy ist?, wenn doch gar kein aktives Employer Branding betrieben wird.

Meine These: es ist u.a. der Place-to-be Effekt.

Der Place-to-be Effekt ist recht schnell erklärt. Voraussetzung ist, dass sich der Arbeitsmarkt auf eine Gruppe bezieht, die entweder bereits vernetzt ist oder aber leicht die Möglichkeit hat sich zu vernetzen und somit die Chance hat über Wechsel informiert zu werden.

Aus einem  Grund X, wechseln diverse Nachwuchskräfte in ein und dieselbe Tochtergesellschaft – idealer Weise im Sinne der internen Top Arbeitgeber zu einem Underdog. Tendenziell muss es sich zudem um sehr gut vernetze Nachwuchskräfte handeln, die alle in kürzeren Abständen von wenigen Monaten nacheinander wechseln. Ab einer zu bestimmenden Anzahl an wechselnden Nachwuchskräften setzt der Place-to-be Effekt ein und andere werden aktiv nach Stellen beim Underdog suchen. Der Underdog wird zum Place-to-be; die Tochtergesellschaft zum Trend.

Es ist eine Art Sog-Effekt, der zusätzlich zum klassischen „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“ on Top auftritt. Den Effekt konnte ich intern bereits mehrfach beobachten – zuletzt meiner Meinung nach bei der DB Tochter DB Services. Unklar ist geblieben, wie ich den Effekt aktiv provoziere und das am besten auf dem externen Markt. Natürlich könnte ich intern nach Kochrezept vorgehen. Man suche sich maximal vernetzte Nachwuchskräfte – key influencer - , die darüber hinaus exzellente Leistung zeigen, und stelle diese ein. Die Einstellung solcher Potentialträger (Potentialträger auch im Sinne eines Vernetzungswertes) kann natürlich nur über attraktive Stellen und Aufgaben erfolgen. Für diese ist also auch Sorge zu tragen. Wie ich die Leistung feststelle ist mehr oder weniger klar. Die Herausforderung, die einem bleibt bei Anwendung des Kochrezeptes, ist: wie stelle ich den Grad der Vernetzung eines Mitarbeiters fest?

Wie vernetzt eine Nachwuchskraft in einem Unternehmen ist, bekommt für mich nicht nur in diesem Kontext eine große Bedeutung. Es gibt sicherlich eine Vielzahl von Fallbeispielen, in denen bei Besetzung von Schlüsselpositionen auf einen hohen Vernetzungsgrad geachtet wird.

Gehen wir zurück auf den externen Markt und meinem internen Kochrezept für den Place-to-be Effekt. Lässt sich dieses evtl. auf extern übertragen – kann ich es dort ggf. viel leichter anwenden?

Auch hier muss ich mir – bei grober Betrachtung – ansehen, welche Leistung hat ein Student im Studium erbracht und wie vernetzt ist der Student. Die Leistung lassen sich klassisch u.a. über seine Zeugnisse feststellen, aber wie sieht es mit dem Vernetzungsgrad aus. Die Hürde im Bezug auf die Mitarbeiter und deren Vernetzung im Unternehmen ist natürlich, dass intern – zumindest bei uns – keine facebookartige Plattform existiert, über die sich ein Vernetzungsgrad leicht ermitteln ließe. Extern sieht es ein bisschen anders aus. Über gängige Netzwerke kann man in vielen Fällen recht schnell feststellen, wie vernetzt ein Student ist – zumindest online. Sich also gezielt Studenten mit hohem Vernetzungsgrad zu suchen, ist ggf. gar nicht mehr so abwegig. Habe ich bei zwei Bewerbern gleicher Qualifikation die Wahl, so könnte der Grad der Vernetzung zukünftig das berühmte i-Tüpfelchen sein.

Der Place-to-be Effekt ist sicherlich lediglich ein sehr kleiner Baustein im Personalmarketingkonzept. Wenn ich ihn in kleineren abgeschlossenen Gruppen – z.B. Studenteninitiativen - auf dem externen Markt initialisieren kann, dann trägt er seinen Teil zur Rekrutierung bei.