Interview mit Bastian Lehmkuhl von der DB – Sourcing Automation, wenn Recruiting wie an der Börse agiert

Börse Recruiting Stock Market

Hintergrund zum Interview: 2018 gewann die Deutsche Bahn den Preis des Recruiting Convent, welcher erstmals gemeinsam von Queb e.V. und Territory Embrace vergeben wurde. Ziel war es, nach intensiver Betrachtung und Auswertung des vorhandenen Recruitingmixes bei der DB, die Schaltung von Stellenanzeigen und Marketingmaßnahmen durch Datenanalyse zu optimieren, um letztendlich das Recruitingbudget effizienter einzusetzen. Wir wollten das Thema im Auge behalten und beobachten die Aktivitäten der Deutschen Bahn, die immer wieder spannende Denkansätze und Ideen hervorbringen!

Strategisch knüpft das Projekt an einen Return-on-Investment Ansatz an. Jede Bewerbung, zu jedem Zeitpunkt hat – theoretisch - einen monetären Gegenwert. Je größer der zu einem Zeitpunkt nötige Bedarf an weiteren Bewerbungen auf eine Stelle ist, je größer auch dieser Wert.
Im Gegensatz dazu ist der Wert bei einer Position mit sehr vielen Bewerbern pro Bewerbung niedrig, in Extremfällen sogar negativ, da ab einem gewissen Level die Prozesskosten den Mehrgewinn durch eine bessere Basis für die Bestenauslese übersteigen.

Die Sourcing Automation übersetzt diesen Ansatz in konkrete Aktion und automatisiert den Prozess.

Bastian Lehmkuhl
Bastian Lehmkuhl (Quelle: DB)

Wir sprechen mit Bastian Lehmkuhl (BL), Performance Marketing Manager bei der Deutschen Bahn, u.a. über die erfreulichen Ergebnisse des Projektes, wie etwa einen Bewerberzuwachs von bis zu 300 Prozent auf herausfordernde Vakanzen oder die Reduzierung des beworbenen Anzeigenvolumens um 20 Prozent. Das Interview wurde von Steffi Maaß (SM) geführt.


SM: Ihr habt im vergangenen Jahr auf dem Recruiting Convent einen Preis gewonnen für Sourcing Automation bei der Deutschen Bahn. Könntest du uns dazu etwas erzählen: warum habt ihr euch beworben, womit habt ihr euch beworben und was denkst du, warum ihr gewonnen habt?

BL: Ich war noch relativ neu im Unternehmen, seit knapp einem Jahr dabei, und das erste, was ich gemacht habe, war, mir einfach den Recruiting-Mix insbesondere im Onlinebereich einmal anzuschauen mit der Frage: Was ist bereits da und ist eine Optimierung durch modernere Denkweisen und Methoden möglich? In diesem Rahmen – parallel lief eine sehr große Recruitingkampagne von uns auf dem Markt – haben wir einfach ein paar neue Ansätze ausprobiert und festgestellt, die funktionieren sehr gut - also haben wir das System weiterentwickelt. Das hat sich als sehr effizient herausgestellt, so dass die Frage aufkam: Ist es das nicht wert, dieses Projekt als Impuls in die HR-Branche reinzugeben und anderen die Möglichkeit zu geben, die Denkweisen, die wir als sehr interessant und inspirierend empfinden, zusammen mit anderen Unternehmen weiterzuentwickeln? So nach dem Motto: Hallo, hier ist etwas, da sollten wir vielleicht mal drüber reden und uns damit beschäftigen. Dementsprechend haben wir das System bei beim HR TEC Innovation Award eingereicht und sehr gutes Feedback erhalten. Das Ganze lief über einen Live Pitch zusammen mit vier anderen Start-Ups und uns - als einziges rekrutierendes Unternehmen. Es gab direkt ein Voting von den Recruitern – das war sehr wichtig für uns -, bei dem wir dann entsprechend den Preis nach Hause holen konnten, was uns sehr gefreut hat.

SM: Herzlichen Glückwunsch dazu! Armin Trost, bspw. (Queb Beirat) sagte damals: „Die Deutsche Bahn zeigt, wie man sehr intelligent Daten und Erfahrungen nutzt, um Stellenanzeigen in unterschiedlichen Kanälen zu steuern.“ Würdest du dem zustimmen und würdest du sagen, dass es trotz der Innovation in diesem Bereich bei euch noch Verbesserungsbedarf oder große Herausforderungen gibt?

BL: Natürlich stimme ich dem zu. Verbesserungen sind immer möglich, nötig und sollten auch sein. Das, was wir gerade haben, beschreibe ich immer als Grundstock für das, was es optimalerweise mal werden soll. Gerade haben wir ein automatisiertes Steuerungssystem für die Reichweite unserer Stellenanzeigen, das stellengenau arbeitet. Das funktioniert, das ist gut, das bringt Erfolge, aber es geht immer noch besser. Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht, vor allem, was die Granularität betrifft. Man kann noch viel weiter runtergehen und die Frage stellen: Wie viel ist die spezifische Bewerbung für mich hier gerade wert? Wieviel bin ich bereit, dafür auszugeben? Dafür kann man deutlich mehr Daten anreichern. Und zu dem, was wir gerade haben: Wir stellen gerade einen IST-Zustand dar mit einer leichten Prognose. Was wir aber auch noch nicht haben, ist eine wirkliche Langzeitbetrachtung, die sich daraus ergibt. Und das ist eigentlich das schöne bei datengetriebenen Systemen: Ich habe meine Daten zur Verfügung und wenn ich genug Daten habe, kann ich anfangen, in die Zukunft vorauszuplanen und dann mit Vorhersagen zu arbeiten.


SM: Warum wurde in den letzten Jahren das Thema Sourcing Automation gerade für euch so relevant?

BL: Es ist an der Zeit, weil wir eine stärkere Digitalisierung erleben – überall, und natürlich bei der Deutschen Bahn, wir wollen den gesamten Konzern digitaler machen, leistungsfähiger und die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Und wir sehen auch anhand von vielen Beispielen, dass Daten eine neue Währung sind. Und eine Währung hat einen Wert! Die Frage ist: Wie kriegen wir diesen Wert auf die Straße respektive auf die Schiene? Dann haben wir gesehen, dass im technologischen Angebot vieler Anbieter einfach deutlich mehr zur Verfügung steht und dass man solche Systeme leichter implementieren kann, und das ist auch im Rahmen einer zunehmenden Professionalisierung. Wir sind einer der wenigen Konzerne mit zentraler Personalgewinnung, Talent Acquisition aus einer Hand ist die Maxime – wir haben die Möglichkeit, die entsprechenden Effekte zu nutzen und dann zu professionalisieren.
Man sieht, dass der Invest in den Bewerbermarkt insgesamt steigt, die Bewerbermenge sich aber verringert, was heißt, dass jeder Bewerber logischerweise teurer zu generieren ist. Da werden Fragen zur Effizienz deutlich relevanter. Dieses Thema kriege ich ultimativ nur mit Daten gelöst und wenn man eine gewisse Größe und ein gewisses Volumen hat (wir stellen dieses Jahr weit über 20.000 Menschen ein), dann müssen irgendwann Automatismen greifen, sonst hat man die Aufgabe, hunderte von Datenanalysten zu rekrutieren, um dann mit den Daten arbeiten zu können.

SM: Wenn man an die DB denkt, denkt man, dass sie unzählige Bewerbungen bekommt. Aber wie du gerade angesprochen hast, kommt es immer darauf an, für welche Stelle ausgeschrieben wurde – mal angenommen, ihr schreibt eine Stelle aus, auf die ihr nicht so viele Bewerbungen oder qualitativ gute Bewerbungen bekommt – gibt es die Möglichkeit, auf alte Bewerber zurückzugreifen und die nochmal zu matchen und ins Boot zu holen oder ist das keine Art der Datenverwertung?

BL: Es sind zwei unterschiedliche Systeme. Ziel der eigentlichen Sourcing Automation ist es, einen gleichmäßigen Bewerberstrom in ausreichender Menge zu schaffen, dass ich zum einen nicht zu viele Bewerbungen habe, die ich dann nicht mehr bearbeiten kann. Dass ich zum anderen aber auch nicht zu wenige Bewerbungen habe, um keinen Leerlauf zu schaffen. Jetzt kann es gerade bei spezifischen Positionen, Stichwort War for Talents, IT-Experten, Ingenieure etc., vorkommen, dass zu wenig Bewerber da sind. Dann laufen verschiedenen Mechanismen ab: Wir haben natürlich einen sehr großen Talentpool, auf den wir zurückgreifen können, wir haben eine sehr erfolgreiche und sehr große Active Sourcing Abteilung, die gerade für solche Spezialpositionen sehr gut ist. Wir können fast immer jemanden unterbringen – Frage ist lediglich: Möchte er, möchte sie das?

SM: Du hast vorhin schon gesagt, was ihr alles durch die Optimierung der Sourcing Automation erreicht habt, dass ihr bspw. einen Ausgleich schafft zwischen Bewerbungseingang und Bewerbungsbedarf. Wenn du über die Weiterentwicklung des Produktes nachdenkst, welche Funktionen, die jetzt noch fehlen, würdest du dir wünschen? Und, klar, die Entwicklung hat Vorteile, aber was sind denn die Nachteile der Sourcing Automation?

BL: Gerade arbeiten wir noch an einer fehlenden Schnittstelle im System. Wo ich das System in Zukunft sehe: dass es ein bisschen die Anmutung eines Finanzproduktes hat. Das ist zumindest meine Sichtweise: Eine Bewerbung, ist letztendlich ein Produkt, und das möchte ich haben. Dies kann ich am Markt generieren zu einem gewissen Preis. Die Frage ist immer, wie viel bin ich bereit dafür zu zahlen. Gerade auf diese Frage kommt es an: Wie viel bin ich bereit für eine Bewerbung (nicht Einstellung, sondern spezifische Bewerbung) zu bezahlen? Das ist immer die Kernfrage und da kann man relativ komplexe Modelle aufbauen. Ich kann natürlich sagen: Jede Bewerbung ist mir gleich viel Wert. Das glaube ich aber nicht, denn die allererste Bewerbung, die ich kriege, ist natürlich die wichtigste. Und wenn die nicht erfolgt, ist es ausgeschlossen, jemanden einzustellen. Bei der 500. Bewerbung wiederum ist immer die Frage: Brauche ich die wirklich noch für eine Bestenauslese oder produziere ich am Ende damit nicht einfach nur mehr Prozesskosten? Und deswegen schwebt mir da ultimativ ein regressives ROI Modell vor, das jede Folgebewerbung weniger stark mit einem theoretischen monetären Wert belegt als die vorherigen. Der Trick an der Geschichte ist dann, das mit Bewerberqualität zu kombinieren. Da sind wir sehr schnell beim Thema Robot Recruiting – wie mache ich eine Bewerbung überhaupt bewertbar, objektiv, bevor sie verarbeitet wurde, weil da natürlich schnelles Handeln und schnelle Bewertung notwendig sind. Da kann ich nicht abwarten bis ein ganzer Recruitingprozess durchlaufen ist, ich brauche die Info eigentlich in dem Moment, in dem sie eingeht. Hier gibt es allerdings einige Fragen: Zum einen rechtlicher Natur – wie tief darf ich das? Was sagt der Datenschutz? Wie ist das Empfinden der Bewerber? Wollen die das überhaupt? Wie spielen diese Systeme miteinander? Man sieht ja gerade sehr häufig bei HR TEC, dass es Insellösungen sind, die eben nicht auf Standards basieren, sondern sehr wenig kompatibel mit bestehenden Lösungen oder anderen Lösungen am Markt. Hier haben wir den Vorteil, da wir gern gesehener Kunde sind und dass wir aufgrund der Größe gewisse Standards treiben können, an die andere andocken können. So dass man dann einen einheitlichen Standard hat, den ich auch wirklich für notwendig erachte.
Zu den möglichen Problemen: Was bei einer kompletten Automatisierung natürlich passieren kann, ist, dass Grenzfälle eintreten, an die man vorher nicht gedacht hat. Wenn bspw. ein Datenfeld falsch ausgefüllt wurde, wenn z.B. nicht 10 Bewerber gesucht werden, sondern 10.000, dann ist die Bewertungsgrundlage natürlich eine andere und auch das Eskalationsszenario, was dahintersteht. Auch hier die Frage: Welche Kanäle schließe ich an? Bsp. Im Bereich Display Marketing – hier kannst du horrende Summen umsetzen, sehr interessante Logiken, wie sich Werbemittel zusammenbauen, schaffen und das muss man sich im Vorfeld genau ansehen, also man muss wirklich mal alle Grenzfälle durchdekliniert haben, damit sowas nicht fortläuft. Denn jede Automatisierung ist nur so gut wie ihre Konzeption. Ich kann ja sehr schlechte Ideen stark automatisieren, aber dann habe ich halt schnellere schlechte Ideen und keine besseren Ideen.

SM: Glaubst du, dass durch die Automatisierung Nischenfälle wie Quereinsteiger rausfallen?

BL: In unserem Fall sicher nicht, da Quereinsteiger für bestimmte Berufe absolut notwendig sind und wir sie in großem Umfang rekrutieren. Wir setzen Quereinsteiger primär im Bereich Lokführer und Fahrdienstleiter ein. Gerade letzterer ist ein „erklärungsbedürftiger“ Beruf. Hier haben wir kein Reichweitenproblem, sondern ein Marktproblem – zu wenig Nachfrage. Natürlich tun wir alles, um die Nachfrage zu forcieren, aber es ist eben ein ungewöhnlicher Beruf, der den Leuten nicht sofort einfällt. Und wenn man da sagt, okay, wir öffnen das ein bisschen, geben da andere Möglichkeiten und Chancen, dann ist das durchaus von Vorteil.

SM: Zurück zum Produkt und der Entwicklung: ist es eure Vision, es eigenständig weiter zu konzipieren oder könntet ihr euch vorstellen, auch mit bestimmten Dienstleistern daran zu arbeiten?

BL: In der aktuellen Version ist das System als solches kein geschlossenes System. Es lässt sich über sehr viele verschiedene Art und Weisen realisieren, aber aktuell ist es z.B. die Weiterentwicklung eines Systems, das eigentlich dafür da ist, verschiedene Shopsysteme zu bespielen. Bei Zalando möchte ich bspw. 300 verschiedene Babypulloverangebote sehen, das ist dann die Schnittstelle dazu und ein Job funktioniert im Grunde sehr ähnlich. Mit dem Unterschied, dass wir einzigartige Produkte verkaufen und keine Massenprodukte. Insofern ist es eher eine Denkweise, da man in seiner simpelsten Form das ganze System über Excel vollkommen darstellen könnte, wenn man wollte. Es ist halt nur die Frage, wie viele Daten laufen da zusammen, bricht mir das irgendwann zusammen und dann kann man skalieren, muss aber auch nicht. Es ist mehr eine grundsätzliche Denkweise als ein wirkliches System dahinter. Wir sind noch nicht an den Grenzen, aber es ist grundsätzlich auch denkbar, dass wir irgendwann eine wahre Eigenprogrammierung benötigen aufgrund der Datenmengen, oder weil wir bestimmte Daten benötigen, die nicht standardisiert sind, die HR-spezifisch oder auch bahnspezifisch sind. Dann besteht natürlich immer die Möglichkeit, wenn es nötig ist, in eine komplette Eigenentwicklung, ein geschlossenes System zu wechseln.

SM: Wie siehst du die Zukunft im Hinblick auf den Bereich Sourcing Automation?

BL: Ich glaube, es wird eine Weile brauchen, bis das wirklich ein breiter Standard ist. Das hat eine Reihe von Gründen. Damit sich eine Automation überhaupt lohnt, brauche ich ein Volumen, wo ich eine Notwendigkeit für eine Automation habe. Die Grundansätze kann man irgendwie händisch machen, nichts ist so gut wie ein erfahrener Kampagnenmanager, der die Kampagnen händisch betreut, da führt kein Weg dran vorbei. Insofern ist das ein Thema, dass den sehr etablierten Mittelstand oder die Konzernebene angeht. Aktueller Trend ist, dass von Anbieterseite immer mehr solcher Systeme reinkommen. Es gibt sehr viele Performance-Anbieter, die auch sehr ähnliche Ansätze verfolgen. Insofern glaube ich, dass das was ist, was in der Praxis eingesetzt werden wird, aber gar nicht mal so präsent in den Köpfen ist, sondern dass das einfach im Hintergrund mitläuft. Das sehen wir ja auch viel beim klassischen Marketing: das unsägliche Buzzword Programmatic Advertising. Das ist mittlerweile Standard, aber die wenigsten Firmen machen es aktiv. Sie buchen eine Lösung, die das dann anwendet, aber da sitzt jetzt keiner und macht Programmatic. Definitiv also ein Wachstumsmarkt, aber ein sehr spezifischer mit einem spezifischen Anwendungsfall. Und dazu kommt dann immer die Frage: Wie ist die Akzeptanz? Und deswegen haben wir auch unser Projekt beim HR TEC Innovation Award 2018 eingereicht. Denn erstmal muss man ein Thema im Markt haben, darüber sprechen und sich eine Meinung dazu bilden. Und natürlich: Budgets machen ja Spaß und da ist dann bei einem Recruiter auch immer die Frage: „Okay, hier ist jetzt ein Algorithmus, ich weiß zu 100%, was der tut…“ - das Thema des Kontrollverlustes usw. Da ist interne Kommunikation gefragt, um die Leute abzuholen und auch die Vorteile des Systems aufzuzeigen. Da ist immer die Frage: Was ist das Ziel? Was ist meine Definition für Recruiter? Ist ein Recruiter jemand, der Psychologe, Verwalter, Marketeer, Datenanalyst oder Rechtsbeistand und noch tausend andere Sachen ist? Oder ist ein Recruiter jemand, der primär dafür da ist, direkte Beziehung mit einer Person aufzubauen und diese Person dann ins Unternehmen reinzuholen? Und wenn meine Definition ist, es geht vor allem darum, dass zwei Menschen miteinander Kontakt haben und zusammenfinden, dann sollte man diese relativen Verwaltungssachen eher auslagern und dann Synergieeffekte forcieren.

SM: Du hast ja vorhin angesprochen, dass ihr durch das Produkt effizienter arbeitet und dadurch die große Anzahl wuppen könnt u.s.w, glaubst du, dass dieses Aufräumen im Prozess auch gleichzeitig den Bewerber befriedigt?

BL: Der Trick an der Geschichte ist – kaum jemand mag Automatisierung oder möchte auf einen Algorithmus angesprochen werden – wenn ich das nicht weiß, dann kriege ich nur mit, was die Effekte sind, die rauskommen. Ob jetzt jemand händisch eine Stellenanzeige geschaltet hat oder diese automatisch übermittelt worden ist, ist für den Bewerber nicht ersichtlich und eigentlich irrelevant. Bzw. er merkt es nicht, da er den Unterschied nicht kennt. Aber was passiert ist, dass der Recruiter nun dieses Piece of mind hat, „Okay, ich habe da mein Grundrauschen und ich kriege meine Bewerbungen“, und man hat plötzlich ein ganzes Level an Komplexität abgeschafft. Ich muss mich also damit gar nicht mehr beschäftigen, ich habe mehr Zeit und auch mehr Ruhe, um in den direkten Bewerberkontakt zu gehen. Im Idealfall sorgt das natürlich dafür, dass ich als Bewerber schneller mit jemanden in persönlichen Kontakt komme, schneller mein Bewerbungsgespräch habe, dass Prozesse sich beschleunigen, und damit habe ich insgesamt eine bessere Candidate Experience, weil ich als Recruiter die Zeit habe, mich auf das zu konzentrieren, worum es am Ende wirklich geht.

SM: Was würdest du großen und auch kleinen Unternehmen empfehlen, wenn sie dieses Thema Sourcing Automation angehen wollen?

BL: Anfangen. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt und mit den entsprechenden Fragen. Und wenn ich eine Frage beantwortet habe, ergibt sich meist auch noch eine weitere Frage. Und die Frage, die bei uns zentral im Raum stand, war: Zeigen wir die richtigen oder bringen wir die richtigen Anzeigen in den Markt? Wir haben uns das angeschaut und festgestellt: Manche Anzeigen, die wir in den Markt bringen, müssten gar nicht im Markt sein, und manche Anzeigen, die wir nicht in den Markt bringen, müssten aber. Dann ergeben sich von allein wieder neue Fragen. Erst kam die Frage: Sind es denn die richtigen Anzeigen? Dann kam: Habe ich denn auch den richtigen Preis? Wie wird dieser Preis ermittelt? Daraus ergibt sich dann wieder die Frage der Bewerberqualität oder auch Prozessstruktur: Was passiert, wenn ich meinen Prozess beschleunige? Brauche ich weniger Bewerber, habe ich mehr Einstellungen. Insofern ist Schritt 1 immer: Was habe ich an Informationen? Welche Fragen kann ich mit diesen Informationen bereits beantworten? Und welche Fragen kann ich nicht beantworten? Dann sukzessive und mit dem Blick darauf, was den besten Effekt bringt, da man nicht auf einen Schlag alle Fragen beantworten kann. Wenn man einmal anfängt, ergibt sich viel allein. Das, was ich größtenteils sehe, ist, dass die meisten Personalgewinnungen keine Kontrolle und keine Zugriffe auf ihre Daten haben. Das ist häufig im Marketing aufgehängt oder in einer Untereinheit des Vertriebs - abhängig von der Struktur. Aber die Personalgewinnungen haben keinen Zugriff auf die Daten oder Menschen, die mit diesen Daten arbeiten. Wenn ich das nicht habe, ist es aber schwierig, eine Entscheidung zu treffen, die fundiert ist. Und wenn ich erstmal diesen Zugriff habe und sehe und weiß, welche Daten ich habe, dann sehe ich auch erst, welche Daten ich wirklich brauche oder welche nicht und dann kommen die Fragen: Wie kriege ich die Daten? Wie laufen diese zusammen? Aber die Basisstruktur dafür und die Infrastruktur ist in 99% aller Unternehmen vorhanden. Die Frage ist nur: Wer hat den Schlüssel und macht die Tür zum Datenschatz für mich auf?

SM: Nochmal zurück zu den Stellenanzeigen: 3 Stichworte für die perfekte Stellenanzeige.

BL: Relevant, präzise und inspirierend.

Lieber Bastian, vielen Dank für das spannende Interview!

Am 23./24.09.2019 wird Bastian Lehmkuhl auf Trends+Friends sprechen! Seien Sie dabei.

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