Fachkräfte - die Königsdisziplin im Recruiting und die Antwort auf die Siegel-Frage
Ich weiß, wieso sollten Fachkräfte die Königsdisziplin sein? Eine Geschäftsführerin oder einen CEO zu besetzten ist doch viel “wertiger”. Hier kommen die großen Personalberater zum Zug und nehmen ordentliche Provisionen. Das sieht doch mal nach was aus und kostet viel Geld. Das kann doch nur die Königsdisziplin sein: Executive Besetzungen. Was mir dabei in den Sinn kommt, ist die kätzerische Frage: wie viel Produktionsbänder sind bislang stehen geblieben, weil der/ die CEO nicht besetzt werden konnte. Klar, da wird jetzt hier und da ein Beispiel auftauchen und schlecht besetzte Führungspositionen führen langfristig zum Untergang eines Unternehmens. Davon bin ich überzeugt. Daher ist es auch wichtig, die passende Unternehmensführung an Board zu haben. Wer aber glaubt, Fachkräfte rekrutieren sich von selbst, ist weit gefehlt. Versuchen Sie mal ein Gedankenspiel: wird der Großteil ihres Recruiting Budgets in die Rekrutierung von Fachkräften investiert? Wenn nein, käme im Entscheidungsbaum an nächster Stelle die Frage: rekrutieren Sie Fachkräfte und wenn ja, wie viele. Schnell ist man hier bei einem Missmatch, was zugegebener Weise immer seltener vorkommt, denn der Schuh drückt schon arg.
Warum halte ich persönlich Fachkräfte für eine schwierig zu rekrutierende Zielgruppe? Das liegt im Wesentlichen an 3 Punkten:
- Die Zielgruppe ist extrem heterogen und das in jeder Hinsicht
- Die Zielgruppe ist enorm mobile affine und kann besser mit aufkommenden Trends im Social Web umgehen als jeder Personaler
- Die Zielgruppe wird sehr knapp auf Grund mangelnder Nachführung über Ausbildungswege.
Das gilt so nicht direkt für jeden Beruf, aber für viele der Berufe, die ich in der Vergangenheit rekrutieren musste. Mit dieser Komplexität legen sich, Recruiter nur ungern an. Es existieren noch weitere sehr schwer zu rekrutierende Zielgruppen, aber bestimmte Facharbeiter Gruppen sind nicht nur schwer zu rekrutieren, sondern darüber hinaus kann man sich oft als Recruiter die Lebenswelt einer bestimmten Facharbeiter Gruppe nur schwer vorstellen.
TikTok ist aktuell in aller Munde. Überall ploppen die Beispiele aus dem Boden und Schüler scheinen sehr aktiv dort zu sein. Nur Schüler? Nein nicht nur Schüler sondern auch Facharbeiter. Wer sich mal ein bisschen was ansehen möchte, möge mal in die TikTok Suche #Montagarbeiten eingeben (vielen Dank an den Absolventa CMO, der mich darauf brachte). Sie sind Fachkräfte RekrutiererIn und wussten das nicht? Wie gut kennen Sie Ihre Zielgruppe? Zugegeben, wir sind heute etwas provokativ unterwegs :-)
Als Recruiter stelle ich mir diese Frage aber regelmäßig. Wie gut kenne ich tatsächlich meine Zielgruppe. Dadurch, dass ich häufig nicht Teil meiner Zielgruppe bin, kann es schnell mal vorkommen, dass ich das eine oder andere in der Entwicklung verpasse. TikTok ist binnen von wenigen Wochen hochgekocht.
Aber das gilt nicht nur für die Fancy neuen Themen. Es gilt manchmal auch für Standards, die aber vielleicht noch nie abgefragt wurden.
Im vergangenen Jahr hat mein neuer Arbeitgeber trendence, diese Zielgruppe befragt. Dabei kam sehr viel interessantes heraus. 9.000 Fachkräfte haben geantwortet und mein Bild von Siegelwahrnehmung wurde leicht versetzt. Bislang war ich der Auffassung, dass die Zertifizierung von Prozessen vor allem dem Optimierungsgedanken folgt. Ich war schon immer ein Fan von Siegeln, aber dass die Zielgruppe der Facharbeiter ebenso über Siegel denkt, war mir neu. Knapp 70% der Facharbeiter sagen, dass Arbeitgeber, die sich extern prüfen lassen, zeigen, dass ihnen die Mitarbeiter wichtig sind. Dass wir da direkt ein Produkt draus entwickelt haben, muss ich wohl nicht erwähnen. Wer sich zum Thema „Arbeitgeber für Facharbeiter“ zertifizieren lassen möchte bzw. dazu Informationen wünscht, schreibt mir einfach via Robindro.ullah@trendence.com persönlich. Und nun weiter im Fach-Text.
Das Thema ist Transparenz und Offenheit. Wer in der heutigen Welt groß wird, ist einfach an bestimmte Dinge gewöhnt. Alles wird getestet, alles wird bewertet. Wie oft ertappe ich mich, dass ich Produkte im Netz skeptisch beäuge, die keine Bewertung und keine Zertifizierung haben. Wir übertragen so viele Logiken aus dem Marketing und der uns umgebenden Welt auf HR Themen, so dass diese Übertragung doch tatsächlich ein NoBrainer ist.
Und nun zum Schluss kommt natürlich die Gretchenfrage: brauchen wir Siegel: ja oder nein. Meine Antwort ist: Jein. Es hängt sehr vom Siegel ab. Wenn Sie das Siegel für eine externe Evaluierung erhalten, dann würde ich ja sagen. Wenn Sie sich ein Sticker Siegel besorgen, zum Aufkleben ohne Evaluation, dann eher nicht. Die Welt ist transparent und dass Auszeichnungen und Siegel auf einer nachvollziehbaren Logik basieren ist essentiell. Sei es eine Umfrage oder eine Prozess-Zertifizierung, hinterfragen Sie stets, wie das Siegel zustande kam.
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